Zu den sonstigen Einkünften gehören auch Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG). Ein privates Veräußerungsgeschäft ist ein Veräußerungsgeschäft mit „anderen“ Wirtschaftsgütern, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt. Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Er umfasst neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt.
Praxis-Beispiel:
Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuererklärung 2017 gab er außerdem Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 31.904 € an. Diese stammten aus dem Handel mit Kryptowährungen. Das Finanzamt berücksichtigte diese Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Einkommensteuerbescheid 2017.
Dagegen legt der Kläger Einspruch ein. Er machte geltend, dass es sich bei der Kryptowährung nicht um ein Wirtschaftsgut handle, das Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung nach § 23 EStG sein könnte. Kryptowährungen gewährten keinerlei Ansprüche gegen Dritte. Ein wirtschaftlicher Wert werde ihnen im Markt nur zugeschrieben, solange eine von Dritten unterhaltene und weiter entwickelte Software fortbestehe und damit auch die Datenblöcke weiter fortbestünden, in denen die Werteinheiten verzeichnet seien, die dem „Inhaber“ zustehen sollten. Beides hinge von der Entscheidung fremder Dritter ab, mit denen der „Inhaber“ keinerlei vertragliche Beziehung habe.
Virtuelle Währungen basieren auf der Idee einer staatlich nicht kontrollierten Ersatzwährung mit begrenzter Geldmenge. Die Verwaltung und Schöpfung neuer Werteinheiten erfolgt über ein vorbestimmtes mathematisches Verfahren in einem dezentralen Rechnernetz. Eine Zentralbank, die diese Aufgabe bei realen Währungen wahrnimmt, existiert nicht. Durch diese kryptografischen Berechnungen kann prinzipiell jeder Teilnehmer an der „Geldschöpfung” (sogenanntes Mining) teilhaben. Mit virtuellen Währungen können inzwischen zahlreiche Waren, Dienstleistungen etc. erworben werden.
Kryptowährungen stellen zwar kein gesetzliches Zahlungsmittel dar, wurden aber durch die BaFin als Rechnungseinheit im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG qualifiziert und können ggf. als immaterielle Wirtschaftsgüter eingestuft werden. Geht man davon aus, dass diese Rechnungseinheiten mit Devisen vergleichbar sind, können für den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen auch dieselben Grundsätze angewendet werden, die für Fremdwährungsgeschäfte maßgeblich sind. Die Anschaffung und Veräußerung von Kryptowährungen stellen somit ein privates Veräußerungsgeschäft dar, sofern der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt.
Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Es gibt keine höchstrichterliche Entscheidung zu den im vorliegenden Fall entschiedenen Rechtsfragen.