Fitnessstudio: Fortzahlung während der Corona-Pandemie

Eine freiwillige Fortzahlung der Beiträge von Mitgliedern an ein Fitnessstudio, das pandemiebedingt vorübergehend schließen musste, ist umsatzsteuerlich relevant, weil es sich um Leistungen handelt, die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erbracht werden. Dies umfasst einerseits die bereits vor der Schließung bezogenen Leistungen und andererseits die während der Schließzeit erbrachten Ersatzleistungen.

Praxis-Beispiel:
Ein Fitnessstudio (Klägerin) berechnet die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten („Ist-Versteuerung). Die Klägerin schloss mit ihren Kunden Verträge über befristete Mitgliedschaften (12 oder 24 Monate) ab, die von beiden Teilen mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende der jeweils vereinbarten Laufzeit kündbar waren. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung blieb dabei unberührt. Gemäß den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin waren die Mitglieder zur gemeinschaftlichen Mitbenutzung sämtlicher Einrichtungen der Räume berechtigt. Die Beiträge umfassten dabei die Mitbenutzung der Trainingsanlage und, wenn vorgesehen, die Teilnahme an Gymnastikstunden, die Mitbenutzung der Erholungs- und Clubräume und die Teilnahme an sportlichen und geselligen Aktivitäten.

Die Klägerin erklärte die Anfang April vereinnahmten Mitgliedsbeiträge nicht in der Umsatzsteuervoranmeldung, da diese aufgrund der Schließung ohne Rechtsgrund gezahlt worden seien. Die Mitglieder könnten diese Beiträge jederzeit bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zurückfordern. Mangels eines Leistungsaustausches handle es sich bei den vereinnahmten Beiträgen nicht um zu versteuernde Entgelte. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer dennoch fest.

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Das Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin vereinnahmten Gelder ihrer Mitglieder trotz der vorübergehenden Schließung des Studios als Entgelt für steuerbare Leistungen zu beurteilen sind, welche die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Unternehmerin erbracht hat.

Bei einem gegenseitigen Vertrag sind die Voraussetzungen für eine entgeltliche Leistung regelmäßig erfüllt. Es besteht dann zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang, und es steht der Leistungsempfänger aufgrund der vertraglichen Beziehung fest. Bei Leistungen, zu deren Ausführungen sich die Vertragsparteien verpflichtet haben, liegt auch der erforderliche Leistungsverbrauch grundsätzlich vor. Unerheblich für die Annahme eines Leistungsaustausches ist, ob der Leistungsempfänger die bezogene Leistung tatsächlich verwendet und gegebenenfalls zu welchem Zweck er dies tut. Das heißt, dass während der Schließzeit vereinnahmte Mitgliedsbeiträge trotz der vorübergehenden Schließung des Fitnessstudios als Entgelt im umsatzsteuerlichen Sinne anzusehen sind.

Dabei ist auch unschädlich, dass die Leistungen keinen äquivalenten Ersatz zur Nutzung des Studios darzustellen vermochten, dass sie zum Teil auch für Nichtkunden erhältlich waren, oder dass sie teilweise nicht dem entsprachen, was die Ankündigungen vermuten ließen. Dass sich die Mitglieder dabei hinsichtlich des Bestehens einer einseitigen Ersetzungsbefugnis der Klägerin, bzw. des Fortbestands der Zahlungsverpflichtung im Irrtum befunden hätten, änderte nichts am Zweck der Zahlung, sondern berührte lediglich das Zahlungsmotiv.

Hinweis: Gegen diese Entscheidung wurde Revision eingelegt (Az. beim BFH: XI R 36/22).

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Schleswig-Holstein, 4 K 41/22| 15-11-2022