Entnahme von Grundstücken durch Erbbaurecht

Die Bestellung von Erbbaurechten an land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken und die anschließende Bebauung durch die Berechtigten führt zur Entnahme der Grundstücke, falls die endgültige Nutzungsänderung mehr als 10% der Gesamtfläche des Betriebs betrifft.

Praxis-Beispiel:
Eine Erbengemeinschaft setzte sich über einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auseinander, der ursprünglich selbst bewirtschaftet war. Nach Einstellung der Bewirtschaftung wurden die land-wirtschaftlich genutzten Flächen an verschiedene Landwirte verpachtete, nicht jedoch die forstwirtschaftlichen Flächen. Laut Einheitswertfeststellung auf den 1.1.1964 umfasste der Betrieb 77.476 qm landwirtschaftlich genutzte Flächen einschließlich Hof- und Gebäudeflächen sowie 13.000 qm forstwirtschaftliche Flächen. Eine Betriebsaufgabe wurde nie erklärt.

Im Rahmen der Erbauseinandersetzung wurden an einen Erben Grundstücke übertragenen, die ursprünglich zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörten. Die Grundstücke, an denen die Erbbaurechte bestellt waren, wiesen eine Größe von insgesamt 9.739 qm auf. Die weiteren neu parzellierten Flurstücke veräußerte er als Baugrundstücke an Dritte bzw. als für die Erschließung des Baugebiets vorgesehene Flächen an die Stadt. An 26 dieser nunmehr insgesamt 42 Flurstücke bestellte der Erbe von Mai 1970 bis Januar 1974 Erbbaurechte. Das Finanzamt erließ einen Bescheid für 2012 über die gesonderte Gewinnfeststellung, in demgemäß § 14 EStG ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 161.314 € festgestellt wurde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat der Steuerpflichtige im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe behandeln will und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführt oder ob und wie lange er das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will. 

Die Erklärung einer Betriebsaufgabe kann nicht darin gesehen werden, dass die Einkünfte aus der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen nicht entsprechend erklärt wurden. Eine Betriebsaufgabe kann nicht deshalb davon abgeleitet werden, dass das Finanzamt nicht zur Abgabe entsprechender Feststellungserklärungen aufgefordert hat. Der Betrieb wurde auch nicht allein durch die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (zwangsweise) aufgegeben.

Allerdings wird ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben. Dies gilt auch dann, wenn das land- und forstwirtschaftliche Betriebsvermögen des Erblassers nach seinem Tod auf seine (nicht mitunternehmerisch verbundenen) Erben aufgeteilt wird. Als unschädlich hat der BFH insbesondere die Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten und die anschließende Bebauung durch die Erbbauberechtigten mit privaten Wohnhäusern angesehen, wenn die endgültige Nutzungsänderung einen Umfang von nicht mehr als 10% der landwirtschaftlichen Flächen betraf, auch wenn die Erträge aus der Vermögensverwaltung denen der land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte überwogen.

An den zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücken sind Erbbaurechte im Umfang von 9.739 qm bestellt worden, was einem Anteil von 10,76% der Gesamtfläche des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs entsprach. Die Erbbaugrundstücke wurden von den Erbbauberechtigten anschließend mit privat genutzten Wohnhäusern bebaut. Damit war bei den Erbbaugrundstücken eine endgültige Nutzungsänderung in einem Umfang eingetreten, der die Geringfügigkeitsgrenze von 10% überstieg und der Eigenschaft der Erbbaugrundstücke als (geduldetes) Betriebsvermögen entgegenstand.

Quelle:BFH| Urteil| VI R 30/18| 30-03-2021